Meine Erfahrungen mit Rudelstellung (RS)
Folgend schreibe ich über meine Zeit, wie ich zu RS kam und welcher Prozeß bei mir und meinem Hund Loui sich bislang entwickelt hat und sich weiter entwickelt. Auch, welch innere Widersprüche und auch Abwehrverhalten ich fast bis heute bei mir erlebte, obwohl ich der festen Meinung war und bin, zu RS zu stehen, so paradox es klingen mag.
RS ist kein Dogma, sondern „nur“ einzig auf den Hund in seiner Stellung bezogen. Und diese als Mensch oder Hundehalter bei sich selbst mit seinem Hund oder seinen Hunden zuzulassen, kennenzulernen und zu begreifen, ist ein langer Prozeß.
Auch in diesem Prozeß gibt es immer wieder in sich Veränderungen in der Wahrnehmung und Umsetzung, da Mensch und auch Hund(e) eben eigene Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Erfahrungsprägungen aus ihrem eigenen Leben in ihrer Umwelt sind. Zumal mensch und hund im Team zusammenleben sollten. Des geht also nicht nach Standard.
Nach Gassieinschulung in Tierheimen ging ich neben anderen Gassigängern auch mit Loui gassi, der leider in seinem Verhalten auffällig war, indem er die Anwandlung hatte, plötzlich in die Leine und in die Kleidung des Gassigängers zu beißen.
Dadurch gab es Schwierigkeiten, ihn zu vermitteln. Ich mochte ihn aber und wollte einen Weg zu einem neuen Zuhause für ihn finden, also adoptierte ich ihn schließlich.
Auf der Suche nach Lösung oder Klärung seines Verhaltens kam ich auf RS und meldete mich nach Lesen des Buches und des Forums als Gast auf ein Workjob zum Einschätzen von Loui bei Barbara Ertel an. Denn ich fand das Buch und die Infos im Forum hochinteressant und grübelte natürlich, welche Stellung Loui denn sein könnte.
Loui wurde von Barbara mit stellungsfähigen Hunden zum Gegenschätzen als NLH eingeschätzt. Es war schon sehr beeindruckend für mich zu beobachten, wie nach der Einschätzung als NLH Loui (30 kg) und der passende N3, ein Beagle, zusammen harmonisch und erfreut spazierengingen. Wir Halter staunten nur, aber freuten uns auch sehr. Man muß RS life erleben; bringt nix, darüber nur zu lesen.
Nachdem ich aufgeklärt wurde, was ein NLH braucht, beißt Loui nicht mehr in die Leine oder in die Kleidung. Auch das zu begreifen und umzusetzen, ging bei mir nicht gleich, sondern dauerte einige Wochen und Monate. Denn das geht eben nicht funktionell, sondern „nur“ von innen heraus.
Und ein NLH hat auch keine Kompetenz nach vorne, also sollte er neben oder hinter einem laufen, damit NLH Loui sich sicher fühlt und nicht das Gefühl hat, alles übernehmen zu müssen. Denn hat er den Eindruck aufgrund meines Fehlverhaltens, schießt er nach vorne und überreagiert auch auf andere Menschen und Hunde.
Lange dachte ich, obwohl es mir immer gesagt wurde, ihn zu führen und neben oder hinter mir zu halten, daß er halt gerne vorne läuft: Er wirkte für mich dabei auch so lebendig und fröhlich – auch wenn ich mich drüber aufregte, wenn er überreagiert hatte von wegen nach vorne rennen und bellen … .
Erst jetzt hab ich es mir endlich mal zu Herzen genommen und bin mit NLH Loui so gelaufen, daß er neben mir oder hinter mir läuft, damit ich ihm eben Sicherheit geben kann nach vorne. Und er ließ sich darauf ein und es funktioniert – ohne Kondition, sondern „nur“ durch Partnerschaft, die ich endlich praktisch verstand und umgesetzt habe und weiterhin mich drin übe
Ebenso ist es mit Begegnungen mit anderen Hunden. Das Rumgetolle ist kein freudiges Spielen, sondern u.a. Überforderung und Unfähigkeit, mit der Situation souverän umzugehen. Das kennenzulernen, dazu wäre der passende zweite Hund notwendig oder wenn dieser nicht da ist, der Mensch/Halter; auch zur Sicherung und zum Schutz wäre der Hundehalter zuständig.
Dies setzt aber auch wiederum gegenseitiges Vertrauen voraus, das erst erarbeitet werden muß. Anfangs ist Loui immer auf andere Hunde zugerannt. Jetzt rennt er nicht mehr gleich hin, nicht, weil ich ihn zurückhalte, sondern weil er es nicht mehr will und weiß, daß er mir vertrauen kann und ich ihn schütze.
Ist jetzt hier sehr kurz mit nur wenigen Aspekten. Weiß nicht, ob es verstanden wird, was ich meine. Ein Beispiel: oft bedanken sich Fußgänger, die Loui und mir entgegenkommen, bei mir, wenn ich mit Loui in einem Bogen ausweiche. Ich weiche mit Loui aber nicht wegen der Fußgänger aus, sondern wegen Loui, weil Hunde an sich keine direkte Frontalbegegnung mögen.
RS zu verstehen beruht nicht auf Schule oder eine Erziehung o.ä., sondern u.a. auf viel Selbstreflektion, die Bedürfnisse des Hundes verstehen zu lernen, um ihn entsprechend zu führen und zu begleiten, damit es Hund und Mensch in der Gemeinschaft und Menschenwelt gut geht.
Jedenfalls bin ich sehr dankbar, daß ich Barbara Ertel und RS begegnet bin, Feedback bekam und weiterhin bekomme, damit NLH Loui hundegerecht bei und mit mir leben kann. Denn an ihm lag bzw. liegt es ja nicht, sondern an den Menschen vor mir und an mir.
Würde mich sehr freuen, wenn ich hier durch meine mail was weitergeben oder anregen kann, vielleicht auch einfach zum eigenen Selbstreflektieren in Bezug zu sich und seinem Hund oder seinen Hunden, wenn man an RS interessiert ist.